Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung
Heilliggeiststr. 6
D-80331 München
Telefon: +49 (0)151 16 77 25 91
Fax:       +49 (0)89 95 44 33 70
E-Mail:   hh [ät] sbs-stiftung.de

Kulturgüterschutz

Restaurierungsarbeiten an Kirchenburgen in Siebenbürgen

Das Interesse an der Kulturlandschaft Siebenbürgen wächst nicht nur in Europa und nicht nur für den Tourismus. Es gilt mithin auch den herausragenden Baudenkmälern in den ehemals von Deutschen besiedelten Gebieten, vor allem ihren Kirchenburgen. Einige von ihnen wurden in die UNESCO- Liste des Weltkulturerbes aufgenommen, andere warten dringend auf eine Restaurierung oder zumindest Sanierung. Kein Zweifel daran, dass diese Sachlage für den im Fachbereich tätigen Architekten Ansporn und Verantwortung zugleich bedeutet.

Uns, denen die Erhaltung der wichtigsten sächsischen Kirchenburgen am Herzen liegt, war es eine Ehre, im April 2000 auf Einladung Seiner Königlichen Hoheit Prinz Charles an einer Tagung in London teilzunehmen, die diesem Thema gewidmet war. Zur Delegation unter der Leitung des damaligen rumänischen Kulturministers, Ion Caramitru, gehörten der Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, D. Dr. Christoph Klein, Hans-Christian Habermann als Vorsitzender und der gesamte Stiftungsrat sowie der Vorstand der Siebenbürgisch- Sächsischen Stiftung, zahlreiche Fachleute aus Rumänien und aus Deutschland, jedoch mit bemerkenswerter Wortmeldung auch Karoline Fernolend, Gemeinderätin aus Deutsch-Weißkirch.

Dort wurde über unsere Baudenkmäler in Siebenbürgen und ihre Erhaltung diskutiert, auch am Rande eines von mir gehaltenen Referates. Prinz Charles persönlich hat als Schirmherr der Veranstaltung sein Engagement für Siebenbürgen bekräftigt. Er hat seither dieser Region wiederholt private Besuche abgestattet und hat willkommene Förderprojekte eingeleitet, die z.B. Schäßburg , Birthälm und Deutsch-Weißkirch betreffen.

Es ist gewiss erfreulich festzuhalten, dass neben den berühmten orthodoxen Klöstern der Bukowina, dem Donaudelta und der gesamten Schäßburger „Burg“, auch die Kirchenburgen in Tartlau, Birthälm, Wurmloch und Deutsch-Weißkirch sowie die Gräfenburg Kelling im Rang des Weltkulturerbes besonderen Schutz genießen.

Freilich können nicht alle etwa 140 siebenbürgischen Kirchenburgen in gleicher Weise restauriert werden und in gutem Zustand erhalten bleiben, wurden sie doch von ihren evangelischen Gläubigen, die ausgewandert sind, überwiegend verlassen. Eine Auswahl zu treffen, das war und ist schwer. Es haben sich jedoch verschiedene Stiftungen und private Geldgeber im Ausland bereit gefunden, kräftig mitzuhelfen. So auch die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung mit Sitz in München. Seit 1992 ist sie in engem Zusammenwirken mit den zuständigen rumänischen Behörden und mit dem Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche an der Restaurierung und Instandhaltung einiger dieser Baudenkmäler maßgeblich beteiligt.

Über Vorgeschichte und Einzelheiten der Arbeit an drei wichtigen Objekten – Tartlau, Honigberg, Birthälm – sei nun, anlässlich des 25jährigen Bestehens der Stiftung, im Folgenden berichtet.

Tartlau

Die Bedeutung der Tartlauer Kirchenburg für die siebenbürgisch-sächsische Bau- und Kunstgeschichte ist einerseits durch die frühgotische Kirche gegeben – ein Zentralbau, der während der Präsenz des Deutschen Ritterordens im Burzenland 1211-1225 begonnen wurde und erste Merkmale der Frühgotik im siebenbürgischen Raum aufweist. Andererseits sind die Befestigungsanlagen – ein massiver ovaler Bering mit Mauerstärken bis 4,5 Meter mit stark befestigter Torwehre, Vorburg und Zwinger – einmalig unter den Wehranlagen der siebenbürgisch-sächsischen Kirchenburgen.
In den Jahren 1962-1970 wurden von der Direktion für Denkmalpflege Bukarest unter der Leitung der Architektin Mariana Angelescu umfangreiche Restaurierungsarbeiten durchgeführt. Man folgte dabei einem analytischen Konzept, bei dem versucht wurde, die einzelnen Bauetappen und baugeschichtlichen Funde während der Arbeiten im Endzustand möglichst klar zum Ausdruck zu bringen. So können heute Umbauten und Veränderungen, bedingt durch mehrere Zerstörungen gut abgelesen werden.

Zu den wichtigsten Arbeiten dieser Restaurierung gehörten das Abtragen des Vierungsturms und sein Wiederaufbau nach Konsolidierung der Gewölbe, Erneuerung der hölzernen Wehrgänge und Zugänge zu den Vorratskammern, das Neueindecken der Dächer, das Abgraben von Schuttschichten, im Inneren des Burghofs Reparaturen an Dachstühlen und Mauern. Aus heutiger Sicht war das Abtragen des Glockentürmchens aus dem 17. Jahrhundert über dem Eingang zur Vorburg denkmalpflegerisch nicht gerechtfertigt. Bei der vor über dreißig Jahren erfolgten Restaurierung hat man unter der Lattung, auf der die Biberschwanzziegel liegen, einen Blindboden und eine Schicht Dachpappe angebracht. Diese Lösung verhinderte die Lüftung der Ziegel, so dass bei der relativ flachen Dachneigung im Inneren des Berings die Ziegel feucht blieben und durch Gefrieren und Auftauen im Lauf der Zeit zerstört wurden. Da die Ziegel nicht von innen ausgewechselt werden konnten, war die Dachhaut bei Beginn der aus Mitteln der Siebenbürgisch- Sächsischen Stiftung durchgeführten Arbeiten in sehr schlechtem Zustand.

Die Stiftung hat im März 1992 in feierlichem Rahmen die Patenschaft für die Kirchenburg Tartlau übernommen. Es wurde die ursprüngliche Deckart wieder hergestellt und es wurden Dachrinnen und Abfallrohre angebracht, so dass das Regenwasser entsprechend abgeleitet werden konnte. An der Kirche wurden die Dachrinnen so angebracht, dass das Gesimse, bestehend aus Knospenblättern, nicht verdeckt wird. 1994 wurde der Laubengang, der zur Vorburg führt, restauriert, 1995 wurden die Arbeiten im Vorhof abgeschlossen und die Burghüterwohnung im Südwesten der Vorburg so hergestellt, dass sie als Wohnung genutzt werden kann. 1995 sind auch die Dächer über den Vorratskammern erneuert worden. 1996 wurden die Dächer im Bäckerhof erneuert.

Im Burghof wird durch gepflasterte Rinnsale und Kanalrohre für oben erwähnte schnelle Ableitung des Regenwassers gesorgt. Die Burg wurde außerdem mit einer modernen Brandschutzanlage und sanitären Einrichtungen ausgestattet. Der schadhafte Verputz wurde besonders an Stellen, wo Zement verwendet worden war, durch Kalkmörtel ersetzt. Die Wände im Vorhof aber auch im Außenbereich der Kirchenburg wurden mit Kalk getüncht und die Holzteile mit Holzschutzmitteln behandelt. Außerdem sind Reparaturen an der Pflasterung vorgenommen worden. In letzter Zeit wurden Instandhaltungsarbeiten durchgeführt. Außerdem wurde das Kirchenburgmuseum erweitert, indem zehn ehemalige Vorratskammern sowie die „Alte Schule“ mit verschiedenen Exponaten ausgestattet wurden. Es gibt einen Entwurf für die Umgestaltung der Westseite des Bäckerhofs in Gästezimmer.

Honigberg

Während der Restaurierungsarbeiten von 1975- 1978 wurde die Aufschüttung im Hof abgegraben und die Kirche teilweise freigelegt. Damals wurde östlich der Kirche eine Glocke gefunden, die man dort vergraben hatte, und es konnten die Steinprofile der Westfassade freigelegt werden.

Bei den Erdbeben 1977 und 1986 hatte der Glockenturm gelitten. Es gab zahlreiche Risse in den Mauern des Turmes. 1999 wurde ein Projekt zur Konsolidierung des Glockenturms ausgearbeitet. Es sah vor, auf vier Ebenen Betongürtel mit steifer Armierung – entsprechend den Gesimsen – einzubauen und diese Gürtel im Inneren des Turmes zu verankern. Die Arbeiten wurden 2000-2001 durchgeführt.

Gleichzeitig wurden auch Konsolidierungsarbeiten am Ostturm, dem Turm mit den gotischen Wandmalereien aus Mitteln der Direktion für Denkmalpflege begonnen, jedoch aus Geldmangel nicht fertig gestellt.

Die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung wird im kommenden Jahr mit der Restaurierung der Hausteine an der Westfassade beginnen. Hier ist besonders der nordwestliche Strebepfeiler durch Verwitterung der Steine im Sockelbereich gefährdet. Die Arbeiten an Wehrgängen und Ringmauer werden auch im kommenden Jahr fortgesetzt.

Birthälm

Die Kirchenburg in Birthälm, eines der repräsentativsten Baudenkmäler dieses Gebäudetyps, gehört heute zum Weltkulturerbe der UNESCO. Nach dem Erdbeben von 1977, das zum Loslösen von Gewölberippen geführt hatte, kam man zu dem Schluss, dass Restaurierungs- und Instandhaltungsarbeiten an diesem Baudenkmal unumgänglich sind. 1979 konnte mit der Umsetzung eines entsprechenden Projekts begonnen werden.

Die Arbeiten an der Kirche betrafen Konsolidierung des Chorgewölbes durch teilweises Abtragen und frisches Wölben, Befestigung aller Ziegelrippen am spätgotischen Gewölbe, Erneuerung der Fenster mit Butzenscheiben, Freilegung der ursprünglichen Wandmalerei, die zu einem neuen Konzept der Polychromie des Innenraums führte. Außer geometrischer Dekoration kamen auch interes- sante Inschriften aus der Zeit der Erbauung der Kirche (1500-1522) zum Vorschein. Es wurden Reparaturen an der Dachhaut und am Dachstuhl des Chors durchgeführt. Auch die Außentünche der Kirche wurde erneuert.

Anschließend an die Arbeiten an der Kirche wurde die innere Ringmauer mit Katholischem Turm, Torturm und Mausoleumsturm restauriert. Es folgten Arbeiten an den äußeren Ringmauern und an den Mauern des Zwingers. Eine der letzten Arbeiten betraf den äußeren Torturm.

Nach der Wende von 1989 wurde ein Gebäude, in dem der Kindergarten untergebracht war, in ein Gästehaus mit Zwei- bis Vierbettzimmern mit Nasszellen und Jugendschlafräumen umgebaut.

1991 wurde die Restaurierung des Ensembles mit einem Europa-Nostra-Preis ausgezeichnet und 1993 wurde die Kirchenburg Birthälm samt der Ortschaft in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Bei der Restaurierung 1979-1991 standen nur bescheidene Mittel zur Verfügung, die größtenteils von der Gemeinde aufgebracht wurden, so dass der steinerne Sockel der Kirche nicht erneuert werden konnte; er war vorher größtenteils durch ein Betonprofil ersetzt worden.

Die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung beabsichtigt, zusammen mit dem World Monuments Fund (WMF) 2004 diesen Sockelbereich der Kirche zu restaurieren, das heißt, Zementprofile und Verputz zu entfernen und durch ein Natursteinprofil zu ersetzen, wobei die anschließenden Flächen mit Kalkmörtel verputzt werden. Das genehmigte Projekt sieht auch vor, die Entwässerung des Kirchhofs durch Katzenkopfpflaster zu verbessern. Weiterhin sind Restaurierungsarbeiten an den Wandgemälden des Katholischen Turms vorgesehen, sowie Reparaturen an Dach und Treppenhaus dieses Turmes.

Im Winter 2003/04 wird an der Bearbeitung des etwa 200 Meter langen Sockelsteinprofils gearbeitet. Der wetterfeste Naturstein kommt aus Sânzieni/Szentlélek, einer Ortschaft neben Târgu Secuiesc/Szeklermarkt im Kreis Hargita. Die Steinmetzarbeiten werden von der Bauhütte des römisch-katholischen Erzbistums in Karlsburg/Alba Iulia durchgeführt.

Es ist zu hoffen, dass die Stiftung nach erfolgreichem Abschluss des Gemeinschaftsprojektes mit dem WMF auch weiterhin ihre Fördermittel in diesem für die Erhaltung der Kulturlandschaft Siebenbürgen so wichtigen Bereich einbringt, z.B. durch die Übernahme einer Patenschaft für die Kirchenburg in Reußmarkt, wofür den Entscheidungsträgern jetzt schon gedankt sei.

Architekt Dr. Hermann Fabini