Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung
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Lasst uns Gutes tun

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D.Dr. Christoph Klein, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien

Ein Werk der Selbstlosigkeit und Nächstenliebe

Unter das biblische Motto des 1832 in Deutschland gegründeten Gustav Adolf-Werkes „Lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen“ (Galater-Brief, Kap. 6, Vers 10) lässt sich auch das Lebenswerk von Ernst Habermann und die ganze Tätigkeit der von ihm im Jahre 1979 gegründeten „Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung“ stellen. Ging es in dem kirchlich ausgerichteten Verein vornehmlich um die Unterstützung der Christen und ihrer Gemeinden in der Diaspora, so ging es in der „Habermann-Stiftung“, wie sie gemeinhin genannt wird, um die Unterstützung jener siebenbürgisch-sächsischen Institutionen und Einrichtungen, die für den Erhalt des reichen Erbes dieses „deutschen Stammes“ mit seiner 850jährigen Geschichte in Siebenbürgen erhaltenswert und lebenswichtig sind. Damit befand sich ihr Stifter und das von ihm gegründete Werk in der großen Tradition der Siebenbürger Sachsen, bei denen das gemeinschaftlich strukturierte, von gegenseitigem Beistand und unbedingter Solidarität charakterisierte Gemeinwesen lebensbestimmend war.

Dieses in der Geschichte der Völker nur selten anzutreffende Zusammengehörigkeitsgefühl und das Bewußtsein, daß nur die Gemeinschaft den Einzelnen trägt und der Einzelne nur in der Gemeinschaft bestehen kann, hat wohl den Hermannstädter, der es schon in seiner Heimat, aber dann besonders nach seiner Auswanderung 1947 in Deutschland zu ungewöhnlichem Erfolg gebracht hat, bewogen, seine Stiftung zu gründen. Sie stammt aus dem in Jahrhunderten geprägten Geist der Siebenbürger Sachsen, die nur durch Zusammenhalt, durch Opfer für das Ganze, durch Voransetzung der Gemeinschaft vor den Einzelnen eine „Universitas Saxonum“ geschaffen haben, die sich in schweren Zeiten und Zeiten der Not erhalten und durchsetzen konnte, trotz aller Unbillen und Widerwärtigkeiten immer neuer Gefahren und Bedrohungen, die auf sie zugekommen sind.

Die Stiftung übernimmt im Oktober 1998 die Patenschaft für die Kirchenburg Honigberg.

Eine solche große Not und existentielle Zukunftsbedrohung War auch die Zeit nach dem „Zusammenbruch“ infolge des Ausgangs des II. Weltkrieges, der auch die Deutschen in Rumänien in ihrem Kern getroffen hatte. Die darauf folgende immer häufiger werdende Auswanderung vieler Siebenbürger Sachsen aus Rumänien stellte diese auf eine harte Probe ihrer altbewährten Überlebensstrategie und Zukunftshoffnung. Da war die Tätigkeit der „Habermann-Stiftung“ ein unglaublich wichtiges Hoffnungszeichen für die Siebenbürger Sachsen hüben und drüben.

Wieviel Hilfen durch diese wohltätige Einrichtung an Einzelnen geleistet wurde, wie viele uralte Werte vor Verfall oder Untergang bewahrt werden konnten, wie sehr das Selbstbewußtsein der Siebenbürger Sachsen durch ihre Tätigkeit erneut erstarkt ist, das werden andere Mitarbeiter dieser Festschrift ausführlicher darlegen können. Entscheidend ist, daß die Losung „Lasst und Gutes tun“, und das „allermeist an des Glaubens Genossen“ bei den Siebenbürger Sachsen, wo Gemeinschaft und Kirche, Bürgergemeinde und Christengemeinde sozusagen deckungsgleich waren, sich in wunderschöner Weise erfüllt hat, im Sinne des alten Spruches: „Wo die Not am größten, ist Gottes Hilfe am nächsten“. Doch Gott hilft durch Menschen, denen er die Bereitschaft und Selbstlosigkeit, aber auch die Kraft und den Sinn verleiht, das auch in die Tat umzusetzen und denen er den Segen zu solchem Tun gibt, durch sichtbare Erfolge und bleibende Zeugnisse der oft im Verborgenen geschehenden Werke. Für mich war Ernst Habermann schon als Kind und später als junger Mann ein Begriff. Mein Vater und er waren – ich glaube es sagen zu dürfen – eng befreundet und ihre Ehefrauen ebenso. Ich habe den Namen zu Hause oft gehört, ganz bewußt jedoch, als in den schweren Nachkriegsjahren Lebensmittelpakete ins Elternhaus kamen, ihm gedankt wurde und dabei in Gesprächen und Briefen Worte der Anerkennung und Wertschätzung für den Wohltäter gefunden wurden.

Die Stiftung übernimmt im Oktober 1998 die Patenschaft für die Kirchenburg Honigberg. Beim Gang zum Gottesdienst (von links): Hans-Christian Habermann, Ion Caramitru, Kulturminister Rumäniens, Bischof D. Dr. Christoph Klein, Landeskirchenkurator Dr. Horst Haldenwang (†)

Sein Sohn Hans-Christian Habermann ist fast gleich alt mit mir und nur die Tatsache, daß er schon neunjährig mit der Familie das Land verließ, war wohl der Grund dafür, dass wir als Kinder nicht ebenso Freundschaft geschlossen haben wie das bei den Eltern der Fall war. Doch wie groß war die Freude, daß der Sohn, mit dem gleichen Sinn und Gemüt des Vaters ausgestattet, das Werk nach dessen Tod – zwei Jahre vor dem meines Vaters – fortführte. Und so lernte ich ihn (neu) kennen, als inzwischen Rumänien wieder ein freies Land wurde und er mit Hingabe und Begeisterung begann – was vorher so nicht möglich gewesen war – neue Schwerpunkte in der Arbeit der Stiftung in Siebenbürgen zu suchen und zu finden. Denn nun konnte man sich offen und auf institutioneller Basis größeren Projekten, vor allem im Blick auf unser reiches Kulturerbe zuwenden, das ja die Kirche zu verwalten hat und das nach dem Massenexodus der Siebenbürger Sachsen zum erstenmal existentiell bedroht ist.

So kam es, dass große und kleine Projekte zur Erhaltung wichtiger Kirchenburgen in die Wege geleitet und finanziell abgesichert wurden. Unvergesslich bleibt mir die Restaurierungsarbeit an der berühmten Tartlauer Kirchenburg, mehr noch: die Übernahme einer Patenschaft 1992, der auch die zukünftige Erhaltung dieser einmaligen Anlage gilt. Zusammen mit dem parlamentarischen Staatssekretär Dr. Horst Waffenschmidt (†), dem damaligen rumänischen Kulturminister und anderen Persönlichkeiten, wurde dieses in einem Festgottesdienst und einer Feier besiegelt.

Später kam die Nachbargemeinde Honigberg dazu, ebenfalls ein Großprojekt, das ohne den vollen Einsatz der Stiftung, von Dipl.-Ing. Hans-Christian Habermann selbst und seinen Mitarbeitern nie hätte durchgeführt werden können. In der Zwischenzeit wurden jährlich ebenso kleinere Projekte in Angriff genommen, die eine Soforthilfe und Rettungsaktion angesichts der Bedrohung dieser unserer Kirchenburgen bedeuteten und darum besonders gewürdigt werden sollen, weil derartige Vorhaben allein von der „Habermann- Stiftung“ unterstützt werden. Dem Landeskonsistorium wurde ermöglicht, solche Objekte selbst auszusuchen und vorzuschlagen, die eines schnellen Eingriffes bedürfen, was wirksame und unbürokratische Hilfe möglich macht. Nun ist auch die berühmte Birthälmer Kirchenburg an der Reihe, wobei hier in Zusammenarbeit mit dem „World Monuments Fund“ lebensrettende und unaufschiebbare Renovierungsarbeiten unter der Federführung der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung geplant sind.

Feierliche Unterzeichnung der Patenschaftsurkunde in der evangelischen Kirche von Honigberg. Landesbischof Christoph Klein, Wilhelm Graef, Kurator der Honigberger Kirchengemeinde, Minister Ion Caramitru, Carol König, Direktor im rumänischen Kulturministerium (von links)

Aber auch die Unterstützung einzelner Personen oder Gruppen soll nicht vergessen werden. Stipendien für junge Siebenbürger Sachsen, die in Deutschland studieren ebenso wie Mitarbeiter unserer Kirche und Gemeinschaft werden mit dem Ziel gefördert, der Gemeinschaft aber auch der Heimat Siebenbürgen selbst nicht verloren zu gehen, nur weil sie den finanziellen Anforderungen angesichts bekannter Engpässe nicht gewachsen sind. Bewegend ist, dass in diesem wie in einer Reihe anderer Programme die verehrte Witwe des Stifters, die Mutter des heutigen Vorsitzenden des Vorstandes, Frau Nora Habermann, aus eigenen Mitteln immer wieder mithilft und das Werk ihres verewigten Mannes damit in seinem Sinn und durch sein Vermächtnis ebenfalls fortsetzt.

Die „Habermann-Stiftung“ ist auf diese Weise in Siebenbürgen und ganz Rumänien bekannt geworden. Denn sie fördert auch andere kulturelle Projekte, wie das „Carl Filtsch-Wettbewerbs-Festival“, das in Hermannstadt regelmäßig abgehalten wird, wie andere musikalische Tätigkeiten und Einrichtungen (so den Schülerchor des Pädagogischen Lyzeums, den Hermannstädter Bachchor oder die Würdigung und Bekanntmachung des großen siebenbürgisch-sächsischen Komponisten Rudolf Wagner-Régeny ).

Ernst Habermann wäre im August 2003 hundert Jahre alt geworden, sein Sohn hat im gleichen Jahr seinen 65. Geburtstag begangen und die Stiftung feiert heuer 25 Jahre seit ihrer Gründung. Anlaß genug, der Stiftung und ihren Mitarbeitern im Namen der evangelischen Kirche und der deutschen Gemeinschaft in Rumänien zu danken, ihrem Vorsitzenden, seiner verehrten Mutter und seiner verehrten Gattin, und ihnen Gesundheit wie auch weiterhin Spannkraft für dieses edle Werk zu wünschen und Gott zu bitten, er möge ihnen das Ziel ihrer Wirksamkeit, „Gutes zu tun“ lange erhalten.

D.Dr. Christoph Klein
Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien